Sehr
geehrter Herr Friedman,
wir
möchten Ihnen mit diesem offenen Brief mitteilen,
dass wir Ihre öffentliche Entschuldigung und
das Eingeständnis, Drogen konsumiert zu haben,
begrüßen. In derartiger Weise von den
Medien in die Mangel genommen zu werden, ist sicher
unangenehm für jemanden, der selbst jahrelang
mit erhobenem Zeigefinger auf die Untaten anderer
zeigte. Wir rechnen es Ihnen hoch an, dass Sie Ihren
moralischen Maßstab auch an sich selbst anlegen
und die Konsequenzen Ihres Fehltritts tragen.
Was
wir allerdings als Frauenrechtsorganisation sehr
bedauerlich finden, ist die inzwischen völlige
Tabuisierung des zweiten Teils des Skandals. Förmlich
in den Hintergrund gedrängt wurde, dass Prominente
diskret osteuropäische Prostituierte ordern
und sich dazu auch brutaler Menschenhändlerringe
bedienen. Mehr als 50 Prozent aller Frauen, die
in Deutschland "anschaffen", sind nicht-deutscher
Herkunft, hiervon kommen 80 Prozent aus Mittel-
und Osteuropa. Sehr viele von ihnen werden versklavt
durch ein System von Menschenhändlern, die
Frauen unter falschen Versprechungen nach Deutschland
schleusen und hier zu Lande zur Prostitution zwingen.
Vergewaltigung, Drohungen und Schläge machen
die Frauen "willig", ihren "Job"
als Prostituierte aufzunehmen. Von "freiwillig"
kann in diesen Fällen keineswegs die Rede sein.
Und
das, sehr geehrter Herr Friedman, ist der eigentliche
Skandal. Sex mit Prostituierten, die sich illegal
oder sogar gegen ihren Willen in Deutschland aufhalten,
ist nicht strafbar. Besteht hier nicht dringend
Handlungsbedarf?
Schon
lange setzt sich Terre des Femmes für die Opfer
des internationalen Frauenhandels und der Zwangsprostitution
ein. 1999 starteten wir die Kampagne "Männer
setzen Zeichen" unter der Schirmherrschaft
Ihres Kollegen Roger Willemsen, um über den
Handel mit Frauen aufzuklären und insbesondere
unter den Freiern eine Sensibilität für
das Thema zu schaffen. Denn ohne Freier würde
dieses Geschäft nicht funktionieren. Wir möchten,
dass Frauenhandel stärker bekämpft und
den Opfern von Menschenhandel angemessene Hilfe
zuteil wird. Rund eine Million Männer nehmen
täglich in Deutschland den Dienst von Prostituierten
in Anspruch. Viele der Frauen verkaufen sich unfreiwillig.
Deshalb fordern wir die Männer dazu auf, sich
mit den Frauen zu solidarisieren und sich gegen
Zwangsprostitution und Menschenhandel auszusprechen.
Sehr
geehrter Herr Friedman, wir möchten Sie herzlich
dazu einladen, prominenter Unterstützer unserer
Kampagne "Männer setzen Zeichen"
zu werden, um sich gemeinsam mit vielen Frauenorganisationen
und Männergruppen (u.a. Männer gegen Männer-Gewalt)
für ein partnerschaftliches und gleichberechtigtes
Geschlechterverhältnis einzusetzen. Nutzen
Sie den Presserummel! Helfen Sie uns bei der Aufklärung
über die Hintergründe des Frauenhandels.
Machen Sie sich zum Sprachrohr der Opfer und fordern
Sie ein Bleiberecht für Opfer von Menschenhandel.
Ein
Engagement in diese Richtung wäre eine äußerst
lohnende und befriedigende Sache. Sie wollen bestimmt
auch, dass Frauen und Mädchen selbstbestimmt
und frei überall auf dieser Welt leben können.
Wir können gemeinsam was dafür tun.
Mit
freundlichen Grüßen
Terre des Femmes
Geschäftsführerin Christa Stolle
17.07.2003